„Printed Electronics“ – zu deutsch „gedruckte Elektronik“ – bezeichnet Elektronik, die durch verschiedene Druckverfahren hergestellt wird. Statt Farbschichten werden flüssige organische Verbindungen auf die Oberfläche gedruckt, die Strom leiten und damit den Bau bzw. Druck ganzer Schaltkreise ermöglichen.

Grundsätzlich kann man sogar mit einem handelsüblichen Tintenstrahldrucker funktionierende Elektronik zu Papier bringen – dies demonstrierten vor ein paar Jahren auch schon Microsoft und Forscher der Tokio-Universität; sie druckten WLAN-Antennen, LEDs und sogar eine Taschenlampe auf Fotopapier.

Die Industrie könnte „Printed Electronics“ unter anderem für kleine Bildschirme oder Datenetiketten (RFID, radio-frequency identification) brauchen, die so noch günstiger in Verpackungen integriert werden können.

Printed Electronics und die Druckindustrie

Welche Bedeutung hat die gedruckte Elektronik also für die Druck- und Werbeindustrie? Heute zugegebenermaßen noch kaum eine. Wer Fachmessen wie die International Exhibition and Conference for the Printed Electronics Industry (LOPEC) besucht, ist erst einmal ernüchtert. Selbst wenn die Technologie schon recht ausgereift ist, steckt gedruckte Elektronik immer noch in einer frühen Phase der Verbreitung.

Konkret bedeutet das: Die Herstellungskosten sind hoch und spezialisierte Maschinen produzieren noch zu langsam. Zudem fehlt es mit Blick auf die Verpackungsindustrie oder Unternehmenskommunikation an Visionen, wie gedruckte Elektronik sinnvoll eingesetzt werden kann.

Dramatische Veränderungen

Dennoch wird die gedruckte Elektronik die Druckbranche in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren dramatisch verändern. Warum man das heute schon sagen kann? Eine Prognose der Branche gibt an, dass der Markt für gedruckte Elektronik von 24 Milliarden US-Dollar im Jahr 2014 auf über 70 Milliarden US-Dollar innerhalb von zehn Jahren ansteigen wird. Das zeigt, dass das Potenzial gewaltig ist und gedruckte Elektronik Lösungen für einige aktuelle Herausforderungen von Druckkunden bietet.

So könnten zum Beispiel künftig die gesetzlich geforderten Verbraucherinformationen, die in Zukunft wohl noch länger sein werden, auf scrollbaren Touchscreens untergebracht und direkt auf die Produktverpackung aufgedruckt werden. Sensoren in Lebensmittelverpackungen werden tagesaktuell anzeigen, ob der Inhalt des Produktes noch haltbar ist oder nicht – und das für jedes Produkt individuell. Das generische Mindesthaltbarkeitsdatum könnte entfallen, was sowohl Kunden als auch dem Handel Vorteile bringen würde.

Printed Electronics im Praxiseinsatz (hier: LED auf Verpackung)
Beeindruckendes Merchandising: Zum Filmstart von „Black Panther“ hat die Karl Knauer KG eine Verpackung auf Basis der patentierten HiLight – smart LEDs®-Technologie für Trinkdosen realisiert.
Printed Electronics im Praxiseinsatz (hier: LED auf Verpackung)
Mit einem Drücken auf das Black-Panther-Logo fangen die LEDs an zu leuchten.

Überhaupt ist anzunehmen, dass zumindest Teile von Verpackungen mit flexiblen Monitoren bedruckt sein werden. So könnte bereits verpackte Ware unterschiedliche Botschaften senden und zum Beispiel im Discounterregal andere Informationen anzeigen als in einer Hochglanzvitrine. Werbebotschaften könnten auf elektronisch gedruckten Monitoren sogar in Abhängigkeit von der aktuellen Tageszeit geändert werden.

An vielen Stellen ist gedruckte Elektronik auch jetzt schon ein wichtiger Bestandteil des Alltags. Gedruckt werden beispielsweise LEDs für Beleuchtungszwecke. Fernseher – insbesondere Curved-TVs – nutzen aus Kostengründen gedruckte LED-Panels. Auch in der Medizintechnik kommen immer mehr Hilfsmittel mit gedruckter Elektronik zum Einsatz, etwa zum Messen des Blutzuckergehaltes.

Bereit für den Alltag

Kosten- und Entwicklungsdynamik von Printed Electronics

Noch ist gedruckte Elektronik so teuer, dass sich ihr Einsatz nur in Verbindung mit hochpreisigen Gütern lohnt. In den nächsten Jahren werden wohl vor allem Hybridlösungen zum Einsatz kommen – also gedruckte Elektronik, die zunächst im Zulieferbetrieb gedruckt und erst danach auf das eigentliche Printprodukt aufgespendet wird. Mit steigender Nachfrage und neuen Anwendungsmöglichkeiten werden die Kosten aber rapide sinken und Printed Electronics für immer mehr Produkte erschwinglich werden.

Und das ist nicht mal allzu ferne Zukunftsmusik. Betrachtet man diese äußerst dynamische Entwicklung im Bereich der Printed Electronics, so zeichnet sich zwar ein Zukunftsbild ab, das mancher heute wahrscheinlich noch als Science Fiction abtun würde. Doch man sollte nicht vergessen, dass auch schon in anderen Technologiebereichen neue Produkte und Technologien in vergleichsweise kurzer Zeit alles auf den Kopf gestellt haben. So kann man heute fast kaum glauben, dass es erst etwas mehr als zehn Jahre her ist, dass das erste iPhone – im Januar 2007 – von Steve Jobs vorgestellt wurde. Insbesondere wenn man überlegt, wie Touchscreens und Apps seitdem unsere Welt und die Art, wie wir mit Elektronik interagieren, verändert haben.

Die Druckereien und gedruckte Elektronik

Der Druckmarkt scheint sich das Ruder des Druckens von Printed Electronics aus der Hand nehmen zu lassen. Doch auch das kann und wird sich ändern. Ohne, dass es den meisten Beteiligten bewusst ist, befinden sich die Druckdienstleister jetzt schon in einem Wettrennen mit den Technologieentwicklern. Während Erstere dringend lernen müssen, wie sie Elektronik konzipieren, drucken und weiter noch bestehenden Produkte und Leistungen mit den neuen Möglichkeiten aufwerten können, müssen Letztere vor allem dahinter kommen, was Druckkunden benötigen und mit welchen Druckverfahren sie ihre Technologie marktfähig machen können.

Offsetdruckmaschine Heidelberg Speedmaster
Konventionelle Druckmaschinen können grundsätzlich auch Elektronik drucken (hier: Heidelberg Speedmaster/Bild Onlineprinters)

Der derzeitige Vorteil etablierter Druckereien: Mit geringen Anpassungen an die Verbrauchsmaterialien können viele praktische Anwendungen auch von konventionellen Druckmaschinen produziert werden.

So ist der Siebdruck beispielsweise durchaus für Printed Electronics geeignet. Aber auch Inkjet-, Flexo- oder Offsetdruck können genutzt werden, um Anwendungen der gedruckten Elektronik zu produzieren. Jedes Druckverfahren bietet mit seinen ganz eigenen Stärken und Schwächen auch Herausforderungen.

Neue Wege der Kommunikation

Die Aufgabe für Agenturen und Werbestrategen wiederum ist es, Visionen zu entwickeln, welche neuen Formen der Kundenansprache mit diesen Technologien möglich werden. Nur dann können sie zum richtigen Zeitpunkt – sprich wenn die Kosten gedruckter Elektronik für das beworbene Produkt angemessen sind – möglichst als erstes den Aufmerksamkeitsvorteil durch die neue Technologie nutzen . So hat Coca Cola beispielsweise unlängst zusammen mit der Karl Knauer KG ein erstes Pilotprojekte mit selbstleuchtenden OLED-Etiketten auf Glasflaschen gestartet und damit direkt in der Kategorie „Neues Material“ den Deutschen Verpackungspreis 2017 geholt.

Gewinner des Deutschen Verpackungspreises 2017 in der Kategorie "Neues Material": Coca Cola mit leuchtenden OLED-Flaschenlabels
Gewinner des Deutschen Verpackungspreises 2017 in der Kategorie „Neues Material“: Coca Cola mit leuchtenden OLED-Flaschenlabels

Im Bereich des Labeldrucks sind auch schon ultraflache, gedruckte Chips mit Near Field Communication (NFC-Chips) im Einsatz. Dabei handelt es sich um gedruckte Schaltkreise, die RFIDs ähneln und zum Beispiel bei Geldkarten eingesetzt werden. Hält man eine solche Karte nah an einen Sender, können Daten übertragen werden, was dann wiederum den Transfer kleiner Summen ermöglicht.

Solche Chips werden für gedruckte Elektronik bereits auf industrieller Ebene von der norwegischen Technologieschmiede Thinfilm zusammen mit Xerox gefertigt. Derzeit kommen Etiketten mit diesen Chips vor allem auf alkoholischen Getränken, Kosmetik sowie Health- und Wellnessprodukten zum Einsatz und bieten einen einfachen Weg, um Produktfälschungen entgegenzuwirken. Außerdem können damit Kunden am Point of Sale attraktiv angesprochen werden und die Kundenkommunikation kann auch Post-Sale aufrecht erhalten werden – und das nur, indem der Kunde dem Label mit dem Smartphone nahe kommt.

Heute steht die Branche noch weit am Anfang, doch in wenigen Jahren werden bewegte Anzeigen auf gedruckten, flexiblen Bildschirmen in Magazinen eine reale Möglichkeit sein. Dienstleister und Druckproduzenten tun gut daran, sich heute schon auf die Veränderungen einzustellen.